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Welche Interessen vertritt die Datenschutzkommission?

 

Im KONSUMENT ist ein langer, zweiseitiger Artikel über die Vorschriften und Gesetze erschienen, die die Verwendung von privaten Videoüberwachungsanlagen reglementieren. Dabei wird wiederholt auf die Arbeit und Funktion der Datenschutzkommission verwiesen.

Aus diesem Anlaß habe ich nachfolgenden Leserbrief an die Redaktion des KONSUMENT geschrieben, in dem es im Wesentlichen darum geht, daß sich die Datenschutzkommission nicht mit der massiven Bedrohung der Intimsphäre der Menschen durch das Projekt ELGA beschäftigt. In Zukunft sollen unsere Gesundheitsdaten zentral verwaltet werden als wären wir eine Herde Nutztiere.

Kühe


Liebe Konsument Redaktion!

Die österreichische Datenschutzkommission zeigt ein Verhalten das in Österreich gemeinhin als verächtlich gilt:

"Nach oben buckeln und nach unten treten".

Die Menschen unten, das sind kleine Häuselbauer und Einzelpersonen, die versuchen ihre Gärten, Häuser und Wohnungen vor der ausufernden Welle von Vandalismus und Kriminalität zu schützen, indem sie eine Videoüberwachung installieren. Es ist bekannt daß sich Menschen besser benehmen wenn sie das Gefühl haben beobachtet zu werden - und wer sich in der Öffentlichkeit anständig benimmt hat auch durch eine Videoüberwachung nichts zu befürchten. Diese Menschen werden also von der Datenschutzkommission mit Vorschriften gegängelt, geschulmeistert und mit hohen Strafen bedroht. Auf die Kleinen kann man ja leicht hintreten.

Ganz mucksmäuschenstill verhält sich die Datenschutzkommission im Umgang mit den Mächtigen. Da wird von politisch und wirtschaftlich interessierten Kreisen an der zentralen Erfassung, Speicherung und Verarbeitung der Gesundheitsdaten der Österreicher gearbeitet, die unter dem Namen ELGA (Elektronische Gesundheitsakte) bekannt ist. In diesem Datenverbund sollen alle Laborwerte, Befunde und Röntgenbilder, die bisher nur den Arzt und den Patienten etwas angehen, zentral gespeichert werden.

Über die Behauptung daß diese Daten absolut sicher und vor Mißbrauch geschützt wären, da lachen ja nur die Hühner. Wie sicher sollen denn diese Daten sein? - So sicher wie die Daten der schweizer Bankkunden, die als "Steuersünderdatei" den deutschen Behörden auf einer CD verkauft wurden? - Oder so sicher wie die Daten der Kunden der Firma SONY, die erst kürzlich finanzielle Schäden erlitten haben, weil sie ihre Kreditkartendaten bei der Firma SONY bekanntgegeben haben?

ORF-Teletext
ORF-Teletext 28.12.2011

CDs Tatsache ist, daß elektronisch gespeicherte Daten Handelsobjekte sind die kriminell, legal oder irgendwie dazwischen ganz leicht kopiert und weitergegeben werden können. Und interessierte Kreise finden immer Mittel und Wege an die Daten heranzukommen die sie haben wollen.
Für mächtige Wirtschaftskonzerne, die zum Beispiel ehemalige Minister in Brüssel mit 100.000 Euro zu bestechen versuchen, stellt ein kleiner EDV Administrator wohl kein Hindernis dar. Mit einer passenden Summe erfährt man jederzeit, was man wissen will.

Für Personalbüros großer Firmen ist es sehr interessant ob ein Bewerber für einen Posten durch häufige Krankenstände oder durchgemachte Erkrankungen schon aufgefallen ist. Es ist durchaus möglich, daß in Zukunft Bewerber von Personalchefs abgewiesen werden, weil in ihrer Krankengeschichte Dinge aufscheinen, die ihnen nicht gefallen. Man müßte sich in Zukunft also sehr genau überlegen welche Dinge man seinem Arzt anvertrauen kann, wenn die Gefahr besteht daß die persönlichen Informationen ungewollt Verbreitung finden.

Bei dieser für uns alle sehr bedrohlichen Entwicklung geht es in Wahrheit nicht um die behaupteten Einsparungen im Gesundheitssystem durch Vermeidung von Doppelbefundungen sondern viel mehr um fette Gewinne der beteiligten EDV Firmen und um fette Provisionen für die beteiligten Funktionäre und Politiker. Angesichts dieser bedrohlichen Entwicklung, daß unsere intimsten persönlichen Gesundheitsdaten und Geheimnisse akut gefährdet sind, schweigt die Datenschutzkommission. Das Ärztegeheimnis ist ein ganz wesentliches Grundrecht, und es geht niemanden etwas an welche Dinge ein Patient seinem Arzt in den Ordinationsräumen anvertraut. Die Daten und Befunde, die weitgehende Rückschlüsse über einen Menschen erlauben, dürfen die Ordination ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten niemals verlassen. Die Datenschutzkommission aber macht sich Sorgen ob auf einem privaten Überwachungsvideo das Bild eines Menschen gespeichert wird, der zufällig auf der Straße vorbeigeht.

Wenn die Datenschutzkommission ihre wahre gesellschaftliche Funktion wahrnehmen würde, so müßte sie angesichts des drohenden Verlustes des Ärztegeheimnisses durch eine geldgierige EDV Mafia laut aufschreien und die Unterlassung dieser Machenschaften einfordern. Aber es ist wohl bequemer kleine Privatleute mit Vorschriften und Kontrollen zu drangsalieren, als den Interessen von mächtigen Funktionären im Staate ins Gehege zu kommen.

Hochachtungsvoll

Medizinalrat Dr. Michael Beinl - Seitenstetten

 


PS: Ein interessantes Detail findet sich auf der Homepage https://www.dsk.gv.at/site/6301/default.aspx der Datenschutzkommission:

_Homepage der Datenschutzkommission

Das auffallende Zitat aus dieser Homepageseite:

1. Müssen private Videoüberwachungsanlagen der DSK gemeldet werden?

Wenn eine Überwachungsanlage Bilddaten aufzeichnet, liegt eine meldepflichtige Datenanwendung vor, da die Daten identifizierbarer Personen verarbeitet (d.h. ermittelt, gespeichert und möglicherweise auch z.B. an Polizeibehörden übermittelt) werden.


Hier macht sich die Datenschutzkommission Sorgen darüber ob Daten über Personen, die auf privaten Überwachungsanlagen erkennbar sind, möglicherweise an Polizeibehörden weitergegeben werden könnten. - Nun: das ist ja gerade der Zweck von privaten Überwachungsanlagen, daß derartige Aufzeichnungen zur Klärung von Kriminalität und Vandalismus beitragen sollen. Die Datenschutzkommission versteht sich also offenbar als Schutzengel für Vandalen, Räuber und organisierte Kriminalität, wenn sie die Weitergabe verdächtiger Daten an Polizeibehörden verhindern will. - Das ist doch gelinde gesagt sehr merkwürdig.

Unterschrift Dr.Beinl

Seitenstetten im Dezember 2011

Praxislogo

 

 

Nachtrag 2013:

ORF Teletextmeldung über Handel mit Patientendaten

Meldung im ORF Teletext vom 20. August 2013

PPS aus dem Jahr 2013: Diese Seite habe ich im Jahr 2011 geschrieben. Heute, am 20.August 2013, finde ich im ORF Teletext folgende Meldung, die den Anfang des Datenhandels dokumentiert, der durch die zwangsweise Einführung von ELGA in Österreich ermöglicht wird. Daran sieht man, daß alles, was denkbar ist, auch in der Praxis umgesetzt wird. Daten, die irgendwo in EDV-Systemen herumliegen, die finden früher oder später den Weg zu Leuten, die am Inhalt dieser Daten interessiert sind. Ob kriminelle Mitarbeiter von EDV Firmen, von Krankenkassen, von Ministerien, von Apothekerkammern oder von Ärztekammern mit diesen Daten ihre Geschäfte machen, das ist eine andere Geschichte. Zu verantworten haben diese Mißstände jene Parteien und Politiker, die diese absolut vorhersehbaren Machenschaften herbeigeführt haben, indem sie die Ärzte zur zwangsweisen Mitarbeit an dem staatlichen Gesundheitsdatensystem ELGA verpflichtet haben. Die damit verbundene Preisgabe des Ärztegeheimnisses stellt einen immensen Schaden für die betroffenen Patienten dar. Man kann deshalb nicht mehr darauf vertrauen, daß sensible Dinge, die man bei der Suche nach Hilfe seinem Arzt anvertrauen will, auch geheim bleiben. So weit hat es unsere Gesundheitspolitik nun gebracht. Die angeblichen Vorteile (vermeiden von Doppelbefunden), mit denen man die Einführung von ELGA begründet hat, die wiegen ganz gering im Vergleich zu dem Vertrauensverlust, den die Aufgabe des Ärztegeheimnisses bedeutet. Doppelbefunde sind für den Patienten auch kein Nachteil, weil oft Patienten selbst wünschen, daß eine Diagnose, die ihnen möglicherweise unangenehm ist, noch einmal bestätigt, oder vielleicht auch widerlegt wird. Wer außer den betroffenen Patienten oder Ärzten sollte deshalb diese Entscheidung treffen? Notfalls würden viele Patienten wohl auch selbst die Kosten für einen Doppelbefund bezahlen. Keinesfalls aber wollen die Betroffenen Patienten die zwangsweise Weitergabe ihrer Befunde an ein landesweites EDV-System mit allen daraus entstehenden Folgen.

Nun wissen wir natürlich ganz genau, welche Parteien und Institutionen in Österreich die Macht über den ORF haben, und die deshalb auch die Berichterstattung des ORF Teletextes ganz maßgeblich beeinflussen. Ganz zu recht hat dieser Personenkreis ein schlechtes Gewissen, weil er die Ärzte mit der gewaltsamen Einführung von ELGA dazu gezwungen hat Daten in ein EDV System einzugeben und abzuliefern, die ganz genau die Rückverfolgung der Gesundheitsdaten jedes einzelnen Österreichers ermöglichen. Das ist ja gerade der Zweck von ELGA. Das bedeutet aber ganz konkret das Ende des Ärztegeheimnisses.

Dieser Personenkreis versucht nun von seiner Schuld an dieser unglaublichen Verletzung der Rechte jedes einzelnen Patienten abzulenken. Dazu sind alle politischen Tricks recht, und so versuchen diese Leute nun nach dem Motto: "Haltet den Dieb" die Ärzte vor der Öffentlichkeit anzuschwärzen, so als wären die Ärzte die Initiatoren und Hauptnutznießer des Datenhandels mit Gesundheitsdaten. Ich bin nun selbst kein Freund der Tatsache, daß Behandlungsdaten von Ärzten an Marktforschungsinstitute weitergegeben werden. Aber es ist ein ganz entscheidender Unterschied, ob Patientendaten weitergegeben werden, die die Zuordnung von Name und Sozialversicherungsnummer eines Patienten zu seinen Befunden und Therapien ermöglichen, wie bei ELGA, oder ob anonymisierte und nicht bestimmten Patienten zuordenbare Behandlungsdaten an Marktforschungsinstitute verkauft werden, wie im vorliegenden Fall.

Thumbnail Datenhandel
ORF-Teletext 23.8.2013

Markforschungsinstitute haben ein verständliches Interesse daran, welche Medikamente Ärzte bei Vorliegen bestimmter Krankheiten normalerweise verordnen. Für diese Informationen zahlen die Marktforschungsinstitute Honorare an manche Ärzte. Und diese Ärzte haben keinerlei Veranlassung diese Daten kostenlos an Marktforschungsinstitute oder sonst jemanden weiterzugeben. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob aus weitergegeben Daten ganz genau hervorgeht, daß Patient Meier Franz, Vers.Nr. 123401042000, vom 13. bis 20 Mai 2013 an Lungenentzündung litt, welche Laborwerte und Röntgenbilder dabei erhoben wurden, und welche Therapie er erhalten hat - oder ob Herr Dr. Irgendwie im vergangenen Monat 30 Patienten mit Lungenentzündung behandelt hat, und welche Medikamente er für die Behandlung dieser Patienten eingesetzt hat. Das ist es ja, was die Marktforschung interessiert. Und an der Weitergabe solch anonymisierter Daten sehe ich ja nichts prinzipiell unethisches oder verwerfliches, auch wenn es mir selbst nicht gefällt.

Proteste
ORF-Teletext 8.9.2013

Diese ganzen Vorgänge belegen nur in aller Deutlichkeit, daß in EDV Systemen vorliegende Daten IMMER IRGENDWIE IHREN WEG FINDEN zu Leuten, die aus irgendwelchen Gründen daran Interesse haben. Ganz genau so, wie ich es immer vorhergesagt habe. Heute sind es anonymisierte Daten, die das Verschreibungsverhalten der Ärzte bei Vorliegen bestimmter Diagnosen aufzeigen, und morgen sind es Daten die Auskunft geben wie oft Patient Meier Franz, Vers.Nr. 123401012000, wirklich krank war, wie er behandelt wurde, oder ob er nur "blau gemacht" hat. Und das ist genau der Grund, warum ich die Einführung von ELGA für so unglaublich frech halte, weil dadurch ein Patient nicht mehr offen mit seinem Arzt reden kann, weil er möglicherweise in der Zukunft irgendwelche Nachteile deshalb hat. Nicht nur, wenn es um einen neuen Arbeitsplatz geht, sondern z.B auch, wenn er eine Zusatzkrankenversicherung abschließen will: Versicherungsanstalten finden es sicher äußerst interessant, ob Herr Meier Franz, Vers.Nr. 123401042000, der gerade bei Ihnen einen Versicherungsvertrag abschließen will, auch einen guten Gesundheitszustand hat. Und Herr Meier wird vielleicht gar nicht verstehen, warum ihn die Versicherung ablehnt, oder warum er mehr dafür bezahlen muß als sein Nachbar.